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Dunkel Hell

Minmalinvasive Lymphgefäßtherapie

Priv.-Doz. Dr. Claus Pieper
Priv.-Doz. Dr. Claus Pieper

Erkrankungen der Lymphgefäße können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Dazu gehören neben dem häufig vorkommenden Lymphödem vor allem komplexe Gefäßfehlbildungen und Lymphleckagen, die – unbehandelt – innerhalb von sechs Monaten in 50 Prozent der Fälle zum Tod der Betroffenen führen. Richtig und rechtzeitig therapiert, kann das Leiden reduziert bis gänzlich beseitigt werden. Am UKB wurde dazu nun eine Sektion gegründet, die sich interdisziplinär um die Patientinnen und Patienten jeden Alters kümmert.

Das Radiologenteam um Priv.-Doz. Dr. Claus Pieper blickt auf eine mehr als zwanzigjährige Erfahrung in der Bildgebung und Therapie von Lymphgefäßerkrankungen zurück, verzeichnet aber insbesondere in den letzten fünf Jahren eine Verzehnfachung der Fallzahlen. Pro Jahr kommen aktuell etwa 400 Patientinnen und Patienten mit Lymphgefäßproblemen in die Sprechstunde von Dr. Pieper. „Die Dunkelziffer ist aber sehr groß, vor allem weil speziell das Thema Lymphödem in der Gesellschaft unterrepräsentiert ist und neue Diagnostik- und Behandlungskonzepte noch nicht allgemein bekannt sind. Diese können in vielen Fällen die konservative Therapie – mit Kompressionen und Lymphdrainage –, die an der Ursache des Ödems nichts ändert, ergänzen“, erklärt Dr. Pieper, Leiter der Sektion für Minmalinvasive Lymphgefäßtherapie und Leiter des Geschäftsfelds Onkologische Radiologie. Seit einigen Jahren etabliere sich z. B. immer mehr die so genannte lymphovenöse Anastomose. Dabei unternehmen spezialisierte Chirurgen den Versuch, gestaute Lymphgefäße in Venen abzuleiten, um den Lymphstau aufzulösen. Daneben gibt es zunehmend auch minimalinvasive radiologische Therapiemöglichkeiten für bestimmte Formen von Ödemen. Eine zielgerichtete Bildgebung sowie ein schonender radiologischer Eingriff – am besten aus einer Hand – seien hierbei unabdingbar. Dafür gibt es nun eine extra Sektion für Minimalinvasive Lymphgefäßtherapie am UKB – mit einer Kombination aus bewährten Bildgebungsmethoden (v. a. der Magnetresonanzlymphangiographie (MR-Lymphangiografie) und den mannigfaltigen Möglichkeiten der interventionellen Radiologie.

Bildgebung Lymphknoten Erwachsener

Bildunterschrift: MR-Lymphangiographie eines Patienten mit Beinlymphödem und unstillbarer kräftiger Lymphleckage am Oberschenkel nach Tumor-OP. Man erkennt im linken Bild die ausgeprägte Beinschwellung durch Flüssigkeitseinlagerung (Flüssigkeit ist hell im Bild); im rechten Bild sind die sonst nicht sichtbaren Lymphgefäße des Beines mit Kontrastmittel sichtbar gemacht und man erkennt die aktive kräftige Leckage am Oberschenkel / in der Leiste. Der Patient konnte danach erfolgreich versorgt werden.

Winzige Gefäße – Rieseneffekt

Neben dem Lymphödem behandeln die UKB-Spezialistinnen und -Spezialisten Lymphgefäßmalformationen, insbesondere im Bauch- und Thoraxbereich sowie Lymphleckagen bei OP-Verletzungen. Dr. Pieper erläutert: „Zwar ist es ein seltenes Problem, dennoch kommen solche Verletzungen immer wieder vor und Patienten kommen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zur minimalinvasiven Behandlung nach Bonn.“ Zum Beispiel könne bei einer Speiseröhrenkrebs-OP, wenn die Speiseröhre herausoperiert werden muss, das größte Lymphgefäß des menschlichen Körpers verletzt werden, sodass als Folge mehrere Liter Lymphflüssigkeit am Tag herauslaufen würden. Es entstünde eine so genannte Lymphleckage, die zu Immunsupression, Mangelernährung und anderen sehr schwerwiegenden Beschwerden führen würde. Diese Leckagen chirurgisch zu behandeln sei in dem ja bereits voroperierten Gebiet oft sehr schwierig und mit einem erneuten größeren Eingriff verbunden. „Das Problem liegt vor allem darin, dass Lymphgefäße sehr kein sind und ihre Anatomie von Patient zu Patient sehr variabel. Das größte Lymphgefäß im Thorax ist beispielsweise oft nicht dicker als 2 mm“. Die Interventionsradiologinnen und -radiologen arbeiten schonender und nutzen dabei Kontrastmittel, um die Lymphgefäße und die Leckage genauestens zu identifizieren. Bei diesem Eingriff gibt es nicht einmal eine Schnitte. Die betroffene Stelle wird unter Röntgen punktiert und das betroffene Gefäß mit einem winzig kleinen Katheter mit Gewebekleber verschlossen. „Unsere Patientinnen und Patienten sind sehr dankbar. Es handelt sich um einen minimalinvasiven Eingriff mit erstaunlich geringen Komplikationsrate“, führt Dr. Pieper aus.

Insbesondere das breite Spektrum an behandelten Lymphgefäßerkrankungen sowie die Kombination aus modernsten Lymphangiografietechniken mit interventionell-radiologischen Behandlungsoptionen sind Alleinstellungsmerkmale am UKB. „Wir behandeln Lymphgefäßerkrankungen in jedem Alter. Unsere jüngsten Patienten sind wenige Wochen alt, die ältesten über 90 Jahre“, so Dr. Pieper. Mit der Gründung der neuen Sektion stärkt der Bonner Maximalversorger seine Position international und gehört dabei zu den führenden Zentren weltweit.

Auch in der Forschung ist das Team um Dr. Claus Pieper aktiv. „Wir bemühen uns kontinuierlich um die Weiterentwicklung von Bildgebung und interventionellen Therapien. Eines der Themen ist die Entwicklung neuer interventioneller Techniken ohne den Einsatz von öligem Kontrastmittel, das insbesondere bei Kindern mit schweren Herzerkrankungen problematisch sein kann“, erörtert der Sektionsleiter und stellvertretender Sprecher des Zentrums für seltene angeborene Lymphgefäßerkrankungen. Auch die langfristige Beobachtung von Patienten sowie die Weiterentwicklung von Bildgebungstechniken CT- und MR-Lymphangiografie stehen im Fokus der Forschung. So wurde am UKB kürzlich eine gänzlich neue und weniger aufwändige Technik zur Darstellung der Lymphgefäße von Thorax und Abdomen entwickelt und publiziert.

Dr. Pieper resümiert: „In der Bildgebung finden wir zunehmend neue Zusammenhänge und verstehen die jeweiligen Erkrankungen immer besser. Die Fälle bearbeiten wir interdisziplinär mit den unterschiedlichsten Partnern im UKB, international und im Zentrum für seltene Lymphgefäßerkrankungen im Zentrum für Seltene Erkrankungen, sodass jede Patientin und jeder Patient die bestmögliche Behandlung für deren jeweiligen Erkrankungen erhält.“

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