Pilotprojekt soll zum Standard werden
Vor fünf Jahren hat die Kinderheilkunde am UKB Neuland betreten: Eine Interprofessionelle Ausbildungsstation (IPSTA) wurde gegründet, um gemeinsam voneinander zu lernen und die Krankenversorgung von Kindern zu verbessern. Unter der Leitung von Prof. Johannes Breuer hat das IPSTA-Projekt in den vergangenen Jahren Schule gemacht und ist aus dem klinischen Alltag des Zentrums für Kinderheilkunde am UKB nicht mehr wegzudenken.
Als erste Kinderklinik in Nordrhein-Westfalen hat das UKB 2019 IPSTA eingerichtet. Das Leuchtturmprojekt hatte das Ziel, die Grundlagen für interprofessionelle Zusammenarbeit bereits in der Ausbildung zu etablieren – zum Wohle der Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen. Fünf Jahre später gibt es auf insgesamt drei kinderkardiologischen Stationen eine IPSTA, darunter eine weltweit einmalige Kinderherz-Intensivstation. 157 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ihre Kompetenzen in Teams gestärkt und tragen diese in die klinische Praxis weiter.
Das Konzept sieht vor, dass angehende Ärzt*innen sowie Gesundheits- und Krankenpflegeauszubildenden eigene Patienten – in erster Linie Kinder mit Herzerkrankungen – für einige Wochen im Jahr selbstständig als Team behandeln können. Für eine intensive Betreuung sorgen dabei erfahrene ärztliche und pflegerische Lernbegleiter*innen. „Das Projekt war zunächst auf zwei Jahre begrenzt, doch die Ergebnisse waren überragend, sodass IPSTA nun fest zur klinischen Ausbildung in der Kinderklinik dazugehört“, sagt Prof. Johannes Breuer, Direktor der Kinderkardiologie am UKB sowie Leiter des Kinder-IPSTA-Teams.
„Wir sehen täglich, wie wichtig die interprofessionelle Arbeit am Patienten ist. Nur wenn die relevanten Berufsgruppen bereits in der Ausbildung voneinander lernen dürfen und schlichtweg wissen, was der oder die andere tut, werden wir später in der klinischen Praxis signifikante Verbesserungen beobachten. Gemeinsame Besprechungen und Visiten stärken das Team, wodurch auch die Patientensicherheit erhöht wird“, sagt Prof. Boulos Asfour, Direktor der Kinderherzchirurgie am UKB.
Die Besonderheit dieser IPSTA am UKB ist die kinderkardiologische Ausrichtung mit Schwerpunkt auf der Lernreflexion und dem Notfallmanagement. Da die Komplexität der Krankheitsbilder hoch ist, kommt der Patientensicherheit eine außerordentliche Bedeutung zu. So findet für die IPSTA-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer ein Einführungstag zum Thema Patientensicherheit statt – inklusive Simulationstraining und Notfallmanagement.
Auch von den Eltern und Angehörigen der kleinen Patientinnen und Patienten gab es durchweg positives Feedback. Besonders schätzen sie die kontinuierliche Betreuung, Kommunikation auf Augenhöhe und die besondere Aufmerksamkeit, die das IPSTA-Team den kleinen Patienten widmet.
Das IPSTA-Projekt hat zudem gezeigt, dass es besonders bei den Pflegeauszubildenden zu einer ganz anderen Wahrnehmung ihres Berufs kommt: Es geht nicht mehr um das Erledigen der Aufträge, die von Ärztinnen und Ärzten kommen. Es geht um Teamspirit. Dr. Anthea Peters, stellvertretende Leiterin des Kinder-IPSTA-Teams, resümiert: „Fünf Jahre IPSTA haben gezeigt – eine hochwertige Patientenversorgung kann nur gemeinsam, mit den Beiträgen der ärztlichen und pflegerischen Seite, gelingen. Darum gehört die Teamarbeit bereits in die Ausbildung.“
Das aufwendige Projekt wird ermöglicht durch das besondere Engagement der Krankenpflegeschule und des Studiendekanats sowie durch die Förderung der Stiftung kinderherzen. Dieses besondere Engagement wurde in diesem Jahr durch eine lobende Erwähnung beim Lohfert-Preis ausgezeichnet.
Wie erleben Medizinstudierende die IPSTA?
Ein Erfahrungsbericht
Ich bin Medizinstudentin im praktischen Jahr am ELKI und durfte in diesem Rahmen vom 10. Juni 2024 bis zum 12. Juli 2024 an der kinderherzen-IPSTA auf der Kinderherzintensivstation teilnehmen. Während meiner vierwöchigen Teilnahme am IPSTA-Programm auf der Kinderherzintensivstation habe ich unglaublich viel lernen können. Durch die Behandlung von herzkranken Kindern habe ich weitere wertvolle Erfahrungen sammeln und mein Wissen sowie meine praktischen Fähigkeiten mit jedem Patienten und jeder Patientin weiterentwickeln können. Unter der sehr guten oberärztlichen Betreuung hatte ich die einzigartige Gelegenheit die gesamte Bandbreite der Patientenversorgung durchzuführen. Ich durfte eigenständig Patienten untersuchen und verschiedene diagnostische Verfahren wie Echokardiografie, EKG und Röntgen anwenden. Die Befundung kardiologischer Krankheitsbilder war für mich besonders lehrreich. Zudem erhielt ich Einblicke in organisatorische Aspekte, was neben den oben beschriebenen praktischen Erfahrungen im Studium leider oft zu kurz kommt.
Die kinderherzen-IPSTA ermöglicht den Teilnehmerinnen aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen, voneinander zu lernen und sich auf die Anforderungen der interprofessionellen Teamarbeit vorzubereiten. Ich habe viele wertvolle Eindrücke über die Arbeit aus dem Bereich der Pflege gewinnen können, die im Berufsalltag leider aus zeitlichen Gründen oft untergehen. Dadurch habe ich die enge interprofessionelle Zusammenarbeit sehr zu schätzen gelernt und mein Verständnis für die Tätigkeiten sowie Abläufe der Kolleginnen und Kollegen weiter ausbauen können.
Die strukturierten Rahmenbedingungen mit einer Einführungswoche, regelmäßigen Reflektionsmöglichkeiten, dem Zwischenfeedback und dem Abschlusstag haben es mir ermöglicht, mich stetig weiterzuentwickeln. Mein einziger Verbesserungsvorschlag ist es, die Themen der Seminare in der Einführungswoche anzupassen, da sich einige Inhalte mit Inhalten aus dem Studium gedoppelt haben. Dennoch wurde in der gesamten Zeit auf meine individuellen Bedürfnisse und Lernwünsche eingegangen.
Abschließend möchte ich mich ganz herzlich bei allen Beteiligten und bei kinderherzen für das besondere Projekt IPSTA bedanke. Ich hoffe, dass noch viele weitere Studierende und Auszubildende diese Erfahrung teilen können! Die Zeit war unvergesslich und wird mein weiteres Berufsleben prägen.
Lynn Christin Müller