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Dunkel Hell

Prof. Thomas Klockgether war langjähriger Direktor der Neurologie am UKB

Über 26 Jahre prägte Prof. Thomas Klockgether die Neurologie am UKB und brachte deren Spezialisierung voran. So wird jetzt aus der Klink ein Zentrum für Neurologie mit fünf spezialisierten Kliniken. In seiner dreijährigen Amtszeit als Dekan stellte er nicht nur entscheidende Weichen für das heutige Exzellenzcluster ImmunoSensation2 der Universität Bonn und das Biomedizinische Zentrum II, sondern war maßgeblich an der Gründung des Zentrums für Seltene Erkrankungen Bonn (ZSEB) beteiligt.

Etwa 26 Jahre haben Sie die Geschichte der Klinik für Neurologie am UKB gelenkt? Was waren Ihre Meilensteine?

Prof. Klockgether: Im Jahr 1998 habe ich auf dem Venusberg-Campus eine gut funktionierende Klinik vorgefunden, aber mit einem begrenzten Leistungsspektrum. Ich habe dann eine Entwicklung in Gang gesetzt, das gesamte Spektrum der neurologischen Krankenversorgung mit den entsprechenden Spezialisierungen am UKB zu etablieren. Als Resultat gibt es nach meinem Ausscheiden ab dem 1. März 2024 ein Zentrum für Neurologie mit fünf spezialisierten Kliniken. Der erste wichtige Schritt dazu war 1999 die Einrichtung einer Stroke Unit für die notfallmäßige Versorgung eines Schlaganfalls. Die Stiftungsprofessur für Neuroonkologie folgte, dann die Einrichtung von Sektionen für die Behandlung der Parkinson-Krankheit und später von neuromuskulären Krankheiten. Neben dieser inhaltlichen Erweiterung verbunden mit einer qualitativen Verbesserung der Krankenversorgung gab es in meiner Zeit als Klinikdirektor mehr als eine Verdopplung der Zahl stationärer Patienten von 1.700 auf 4.000 pro Jahr. Auch die Anzahl der Ärzte hat sich mehr als verdoppelt. Dabei habe ich immer darauf geachtet, dass wir auch international wahrgenommen werden. So ist die Klinik im internationalen Newsweek Ranking in den letzten Jahren immer unter den Top 50.

Was bedeutete für Sie der Umzug 2018 in das neu gebaute NPP-Gebäude?

Prof. Klockgether: Das war ein großer Meilenstein. Dieses Gebäude ist nach wie vor optimal für die Versorgung von neurologischen Patienten. Es gibt hier ein im Detail durchdachtes Grundkonzept. So kann der Notarzt direkt in das neurologische Notfallzentrum fahren, an das die Stroke Unit und auch die Neuroradiologie für vaskuläre Notfalleingriffe direkt angeschlossen sind. Die Intensivstation ist im 1. Stock direkt darüber. So ist die Akutversorgung optimal gewährleistet. Eine besondere Dreingabe für unsere stationären Patienten auf den Normalstationen ist – dank der großen Fenster bis zum Boden – der schöne Ausblick in den Kottenforst direkt vom Krankenbett. Dafür bezahlt man im Hotel extra.

Die Klinik für Neurologie ist auch stark forschungsaktiv. Wie funktioniert das?

Prof. Klockgether: Herausragende neurologische Forschung und exzellente Krankenversorgung bedingen sich gegenseitig. Deswegen müssen Forschung und Krankenversorgung koordiniert und gemeinsam erfolgen. Die enge Verzahnung von beidem ist eine besondere Stärke des Standorts Bonn.

Da kommt das Deutsche Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen, kurz DZNE, ins Spiel, dessen Direktor für klinische Forschung Sie seit Mai 2011 sind.

Prof. Klockgether: Das war ein tolles Ereignis, als 2008 die damalige Bundessministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan verkündete, dass das Kernzentrum des DZNE nach Bonn kommt. Aufgrund der starken klinischen Forschung kam der DZNE-Hauptsitz auf den Venusberg-Campus. Die gesamte Forschung, also Grundlagen und klinische, konnte damit hier in Bonn parallel zur Krankenversorgung stetig weiterausgebaut und zum Jahreswechsel 2016 / 2017 das innovative DZNE-Gebäude auf dem Venusberg-Campus bezogen werden. In der klinischen Forschung führen wir nach dem Aufbau großer Beobachtungskohorten von Patienten und Risikopersonen zunehmend Behandlungsstudien durch.

Ihr eigenes wissenschaftliches Steckenpferd sind Ataxien, die sich aufgrund einer Schädigung des Kleinhirns durch fortschreitende Gangunsicherheit und Sprechstörungen bemerkbar machen. Woran forschen Sie genau?

Prof. Klockgether: Bonn ist seit Jahren eine treibende Kraft bei der Erforschung dieser Krankheiten. Derzeit gibt es nur für sehr wenige Ataxien medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten. Unsere Forschung, die gemeinsam mit dem DZNE erfolgt, ist daher darauf ausgerichtet, zur Entwicklung von Therapien beizutragen. Unser Schwerpunkt sind große, multizentrische Kohortenstudien mit Patienten, aber auch mit Menschen aus Ataxiefamilien, die gesund sind, aber ein erhöhtes genetisches Risiko tragen, an Ataxie zu erkranken. Ziel dieser Studien ist es, die Voraussetzungen für erfolgreiche Behandlungsstudien zu schaffen. Dazu gehören die genaue Erfassung des natürlichen Verlaufs, die Untersuchung der Vorstadien der Krankheiten und die Entwicklung von Methoden, mit denen sich der Schweregrad der Ataxie in der gewohnten häuslichen Umgebung erfassen lässt. Wir haben in den letzten Jahren mehrere Behandlungsstudien mit Medikamenten durchgeführt, die Ataxiesymptome bessern sollten. Im Jahr 2022 begannen die ersten Studien, bei denen die Verträglichkeit und Wirksamkeit von „gene silencing“ durch Antisense-Oligonukleotide bei erblichen Ataxien untersucht werden. Ziel dieser neuen Behandlungsverfahren ist es, die Krankheit aufzuhalten.

Ataxien sind seltene Erkrankungen. War dies ein Teil Ihrer Motivation, die Gründung des Zentrums für Seltene Erkrankungen, kurz ZSEB, im Jahr 2011 anzustoßen?

Prof. Klockgether: Betroffene waren in Deutschland grundsätzlich schlecht versorgt, weil sie nicht den richtigen Ansprechpartner fanden – ein Schicksal, das alle Patienten mit einer seltenen, meist angeborenen Erkrankung teilten. Daher habe ich als Dekan der Medizinischen Fakultät zusammen mit unserem Humangenetiker Professor Markus Nöthen die Gründung des ZSEB initiiert. Es war 2011 das zweite Zentrum dieser Art in Deutschland und das erste in NRW. Bis heute ist Bonn Vorreiter; so gründeten wir deutschlandweit die erste Anlaufstelle für Patienten ohne Diagnose und etablierten die erste medizinische Fachabteilung für seltene Erkrankungen.

Von 2008 bis 2011 waren Sie Dekan der Medizinischen Fakultät. Was haben Sie neben dem ZSEB beispielsweise in Ihrer dreijährigen Amtszeit bewirkt?

Prof. Klockgether: In diese Zeit fiel die strategische Entscheidung, bei der ersten Runde der Exzellenzinitiative mit dem Antrag auf das heutige Exzellenzcluster ImmunoSensation ins Rennen zu gehen. Auch stellte ich die Weichen für das später erbaute Biomedizinische Zentrum II, nachdem im Dezember 2009 das BMZ I in meinem Beisein in einem Festakt eingeweiht wurde. Zudem setzte ich mich für die Gründung des Instituts für Hausarztmedizin und des Instituts für Patientensicherheit ein. Eine weitere Erfolgsgeschichte war die Einführung des internationalen PhD-Doktorgrads 2014 an der Medizinischen Fakultät. Meine Amtszeit als Dekan war für mich eine gute Zeit, aber mit einer extrem hohen Belastung verbunden. Die Entwicklung zum hauptamtlichen Dekan war bereits abzusehen. Der Wechsel 2011 als Direktor für klinische Forschung des DZNE war für mich attraktiv, da ich so meine klinische und wissenschaftliche Tätigkeit fortsetzen konnte.

Und wie geht es jetzt für Sie weiter?

Prof. Klockgether: Ich werde zunächst noch im DZNE weiter tätig sein. Anfang 2025 steht eine große Helmholtz-Begutachtung an, an der ich mitwirke. Zudem werde ich für einen reibungslosen Übergang zu meinem Nachfolger als Direktor für Klinische Forschung sorgen. Außerdem kann ich weiter zur Ataxie-Forschung beitragen. Es ist gut, dass meine langjährige Tätigkeit am Standort Bonn stufenweise ohne abruptes Ende ausläuft. Ich freue mich darauf, mehr Zeit mit meiner Frau, unseren drei Kindern und zwei Enkelkindern zu verbringen. Neben sportlichen Aktivitäten gehe ich gerne mit meiner Frau in Konzerte und auf Reisen. Wir planen keine Fernreisen, sondern werden viel mit dem Fahrrad in Deutschland unterwegs sein.

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