Regina Heuser, onkologische Ernährungsberaterin in der Abteilung für Integrierte Onkologie am CIO Bonn, blickt auf 45 Jahre Berufserfahrung zurück
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Zeit am UKB?
Ja, das waren die 80-er Jahre. Ich komme vom Mittelrhein und bin zur Fachschulausbildung zur Diätassistentin über Bonn nach Wuppertal gependelt. Dabei habe ich immer davon geträumt, in Bonn leben zu können. Und schließlich habe ich mich am UKB beworben. Es gab schon sieben Kolleginnen, die als Diät-Assistentinnen am UKB gearbeitet haben – jüngere, ältere – und ich hatte sofort das Gefühl, dass man als Berufseinsteigerin nicht allein ist.
Damals war die Küche noch an einem anderen Ort, wir hatten eine eigene Metzgerei, eine Bäckerei – das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen! Alles lief noch über Sammelportionen, es gab kein Tabletsystem. In der Großküche war es immer laut. Viele Köche, große Kessel, viele verschiedene Nationalitäten, viel Tempo – da musste man sich behaupten. Ich war die Jüngste im Team und musste meinen Platz erst finden. Respekt und Augenhöhe – das war immer mein Schlüssel.
Und heute, viele Jahre später – was hat sich verändert?
Unfassbar viel. Früher sind wir ins Arztzimmer gegangen, um Informationen zu Patienten zu erfragen. Heute öffnen wir die elektronische Patientenakte. Über die Jahre ist der Stellenwert der Ernährungstherapie enorm gewachsen. Heute ist Ernährungstherapie ein zentraler Bestandteil der gesamten Therapie – vor allem in der Onkologie.
Ich bin sehr froh, dass ich diese Entwicklung miterleben durfte. Unsere Rolle hat an Wert gewonnen – nicht zuletzt durch die stetige Erweiterung des CIO Ernährungsteams auf aktuell sechs Ernährungswissenschafterinnen und eine Diätassistentin sowie auch durch Implementierung von Standards, Zertifizierungen und Studienprojekte und interdisziplinäre Teams.
Aber auch durch unsere eigene Haltung: Wir teilen Wissen im Team, wir lernen voneinander. Ich konnte mein Erfahrungswissen weitergeben, und die jungen Kolleginnen haben mir gezeigt, wie man durch Studienblickwinkel neue Ansätze gewinnt. Das war unglaublich bereichernd.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit – gerade in einem so großen Haus wie der Uniklinik – ist das A und O. Ich hatte das große Glück, in einem Team zu arbeiten, das nicht nur fachlich stark ist, sondern auch menschlich. Wir haben jeden Mittwoch unsere Teambesprechung – das ist nicht nur Projektarbeit, sondern auch Raum für Sorgen, Rückfragen, Abstimmungen. Und unser Chef, Prof. Ingo Schmidt-Wolf, hat uns immer unterstützt. Ohne Bürokratie, ohne lange Wege – das ist sehr wertvoll.
Sie haben den Beruf über viele Jahre mit Leidenschaft ausgeübt – woher kam diese Kraft?
Ich glaube, weil ich nie aufgehört habe, den Menschen zu sehen. Ernährung ist so viel mehr als Kalorien oder Wissensvermittlung über Ernährungspläne. Sie ist Lebensqualität, Selbstbestimmung, manchmal auch ein Stück Lebensfreude, das zurückkehrt.
Wir sehen so viele Patient*innen, zum Teil mit schweren Erkrankungen, die allein leben und sich nicht mehr ausreichend versorgen können. Wenn man ihnen dann Möglichkeiten aufzeigt, wie sie besser zurechtkommen – das ist unglaublich erfüllend.
Was würden Sie jungen Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg geben?
Geht mit offenem Herzen in den Beruf. Habt keine Angst, Fragen zu stellen – es gibt keine dummen Fragen. Ich durfte bis zum Schluss in einem Team arbeiten, in dem ich die Älteste war. Und trotzdem war es immer ein gegenseitiges Geben und Nehmen.
Auch wenn die Technik manchmal herausfordernd war, habe ich mir alles zeigen lassen. Ohne dumme Sprüche. Das wünsche ich jeder und jedem Berufseinsteiger*in: ein Team, das trägt.
Und jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt – mit einem lachenden und einem weinenden Auge?
Ja, beides. Ich freue mich auf mehr freie Zeit, auf verlängerte Wochenenden. Aber ich gehe nicht ganz. Ich möchte den Kontakt zum Team behalten und werde vorwiegend weiterhin gerne Patient*innen beraten sowie den Kolleginnen für die vielen weiteren Projekte ein bisschen den Rücken freihalten. Ein fester Arbeitstag in der Woche bleibt mir dafür auch erhalten. Und vor allem: Ich gehe mit dem Gefühl, dass ich bis zum letzten Tag gern zur Arbeit gegangen bin. Das ist ein großes Geschenk.