Premiere: Ophthalmopathologinnen der Augenklinik am UKB leiten das erste Halbtagsseminar „Ophthalmopathologie“ bei der Internationalen Akademie für Pathologie (IAP)
Erstmalig wurde bei der Deutschsprachigen Sektion der Internationalen Akademie für Pathologie (IAP) am 21. Januar 2023 ein Halbtagsseminar „Ophthalmopathologie“ durchgeführt, das durch die Ophthalmopathologinnen und gleichzeitig auch chirurgisch-tätigen Augenärztinnen Prof. Karin U. Löffler und Prof. Martina C. Herwig-Carl (beide Augenklinik am UKB) geleitet wurde.
Zur Begrüßung der nahezu 100 Teilnehmer*innen des Tutorials betonte Prof. Erhard Bierhoff, derzeitiger Präsident der Internationalen Akademie für Pathologie (Deutsche Division), die große Bedeutung der Ophthalmopathologie als selbständiges Spezialgebiet. Die Ophthalmopathologie sei eine „eigene Welt im breiten Spektrum der Morphologie“ und verdiene hohe Anerkennung. Die IAP sei stolz, ihr großes Spektrum an Fortbildungsthemen mit dem Tutorial bereichern zu können. Das Tutorial sei vielversprechend aufgrund der breiten Themenauswahl, der praktischen Relevanz durch klinisch-pathologische Korrelationen, bestätigt durch das Interesse mit hoher Teilnehmerzahl.
Prof. Bierhoff bedankte sich ausdrücklich und sehr herzlich bei Prof. Löffler und Prof. Herwig-Carl für das außerordentliche Engagement und den Fleiß, der für die Organisation und Durchführung eines Tutorials erforderlich ist.
Schwerpunkt des Kurses war die klinisch-pathologische Korrelation von Krankheitsbildern jenseits der gängigen Tumordiagnostik. Dies umfasste Läsionen im Bereich der okulären Adnexe, Erkrankungen der Bindehaut und Hornhaut sowie Veränderungen des gesamten Auges unter Berücksichtigung von Diagnostik und Therapie.
Adressaten waren sowohl Pathologen als auch Ophthalmopathologen und Ophthalmologen. Die Veranstaltung konnte sowohl live in den Räumlichkeiten der IAP am Bonner Bogen mit der Möglichkeit der simultanen Mikroskopie als auch virtuell wahrgenommen werden. Die Teilnehmer*innen konnten eine Auswahl der im Kurs präsentierten Präparate im Vorhinein und auch im Nachgang mikroskopieren. Zudem steht zu den histologischen Präparaten ein Skript mit klinischen und histologischen Angaben und pathologischen Differenzialdiagnosen zur Verfügung. „Gerade die Betrachtung des histologischen Präparates im klinischen Kontext macht die Ophthalmopathologie so spannend – sowohl für Pathologen als auch für Augenärzte“, so Prof. Herwig-Carl, stellvertretende Leiterin des Ophthalmopathologischen Labors. „Uns ist es daher ein Anliegen, sowohl Augenärzten als auch Pathologen fundierte Einblicke in die Ophthalmopathologie zu geben.“
Das Bonner Ophthalmopathologie-Labor (mit über 1.000 Eingängen pro Jahr, darunter auch zusehends mehr externe Einsender) hat sich in den letzten Jahrzehnten einen nationalen und internationalen Ruf erarbeitet. Neben der Weiterbildung und der studentischen Lehre ist das Labor auch an vielen Kongressen mit ophthalmopathologischen Beiträgen vertreten. Es finden zudem auch wöchentlich Fortbildungen zur klinisch-pathologischen Korrelation statt, die jedem Augenarzt während und nach der Facharztausbildung nach entsprechender Anmeldung zugänglich sind.
Geschichtsträchtiges Fach
Historisch betrachtet etablierte sich die Ophthalmopathologie bereits Mitte des 19. Jahrhunderts aus der allgemeinen Pathologie heraus und wurde von zahlreichen berühmten Vertretern der Augenheilkunde wie Albrecht von Graefe, Theodor Leber und Julius Hirschberg als unabdingbare Voraussetzung und wesentlicher Bestandteil für die weitere Entwicklung ihres Faches betrachtet.
Das Auge ist ein sehr komplexes Organ mit vielen sehr unterschiedlichen Strukturen. „Gerade weil das Auge selbst ein Organ ist, was mit dem Auge des Untersuchers morphologisch gut erfasst werden kann, hat die Ophthalmopathologie hier einen unschätzbaren Wert, da sie eine Korrelation des klinischen und pathologischen Befundes erlaubt“, erläutert Prof. Löffler, Leiterin des Ophthalmopathologischen Labors.
Insbesondere im Bereich der Bindehaut und okulären Adnexe erlauben ophthalmopathologische Kenntnisse eine häufig bereits vor der histologischen Untersuchung richtige Diagnose, was wiederum eine bessere operative Planung begünstigt (z. B. Notwendigkeit eines Eingriffs, Wahl des Sicherheitsabstands etc.). Auch bei Veränderungen/Erkrankungen anderer Strukturen, z. B. der Hornhaut und auch der Netzhaut, ist die Kenntnis der korrespondierenden histo(patho)logischen Veränderungen extrem hilfreich, um Krankheitsbilder korrekt zuordnen zu können und auch dementsprechend zu behandeln.
Als weiteres diagnostisch extrem hilfreiches Mittel müssen auch Abstrich-Präparate genannt werden, die es mitunter – im Gegensatz zu mikrobiologischen Techniken – ermöglichen, zeitnah (gleichentags) eine therapiebestimmende Diagnose zu stellen.
„Der Wert der Ophthalmopathologie für Lehre, Forschung und Weiterbildung ist unschätzbar“, so Prof. Frank Holz, Direktor der Augenklinik am UKB. „Wir sind froh, mit Frau Löffler und Frau Herwig-Carl zwei exzellente Ophthalmopathologinnen, Klinikerinnen und Wissenschaftlerinnen an der Universitäts-Augenklinik Bonn zu haben, die dieses Fachgebiet mit Leben füllen und in die Zukunft führen“.
Die Rückmeldungen zum Tutorial waren durchweg sehr positiv. Aufgrund der ausgezeichneten Resonanz wird eine Neuauflage als Ganztagsseminar 2024 stattfinden.