Festakt im historischen Deiters-Hörsaal
Mit einem feierlichen akademischen Jubiläumsfestakt wurde das 140-jährige Bestehen der universitären Ohrenheilkunde in Bonn gewürdigt. Als das Fach 1885 seinen Anfang nahm, existierte die heutige dreiteilige Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde in dieser Form noch gar nicht. Rund drei Stunden lang blickten Expert*innen, Mitarbeitende und Gäste auf die historische Entwicklung des Fachgebiets zurück, diskutierten moderne Behandlungsmethoden und warfen einen Blick auf zukünftige wissenschaftliche Perspektiven – all das im besonderen Ambiente des traditionsreichen Deiters-Hörsaals auf dem Campus Poppelsdorf.

Der Hörsaal ist dem Bonner Anatomen Otto Deiters (1834–1863) gewidmet, der bahnbrechende Erkenntnisse zum Hör- und Gleichgewichtssystem lieferte und nach dem die bis heute funktionell bedeutsamen Zellen im Innenohr benannt sind. Ein symbolträchtiger Ort also – zumal hier auch Hermann Helmholtz und Heinrich Hertz bedeutende Beiträge zur Hörphysiologie und Akustik leisteten.
Rückblick: Von den Anfängen bis heute
In seinem Eröffnungsvortrag nahm der heutige Klinikdirektor Prof. Sebastian Strieth die Gäste mit auf eine Reise durch 140 Jahre Bonner Ohrenheilkunde. Er spannte den Bogen von den ersten rhino-laryngologischen Unterrichtseinheiten durch Carl Burger ab 1875 und der offiziellen Eröffnung der ersten Universitäts-Ohrenklinik durch Heinrich Walb im Jahr 1885 bis zu den späteren Entwicklungen des vereinten Fachs der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.
Mehrere Klinikdirektoren – Walb, Lange, Grünberg, Nühsmann, Thielemann, Langenbeck, Becker, Herberhold und Bootz – prägten die Bonner HNO in gesellschaftlich und politisch bewegten Jahrzehnten: zunächst in der Wilhelmstraße, später nach dem Krieg auf dem Venusberg. Die heutige Klinik ist damit das Ergebnis einer langen Tradition, kontinuierlicher Fortschritte und des Engagements vieler Generationen.
Moderne Hörrehabilitation und wissenschaftliche Perspektiven
Im Anschluss gab PD Dr. Klaus Eichhorn, Koordinator des Cochlea-Implantat-Zentrums Bonn, einen Überblick über die heutigen Möglichkeiten der Hörrehabilitation. Von klassischen Hörhilfen über implantierbare Systeme bis hin zu komplexen interdisziplinären Versorgungskonzepten reicht inzwischen ein breites Spektrum moderner Therapieansätze, das nahezu jede Form der Schwerhörigkeit adressieren kann.
Zum Abschluss stellte Dr. rer. nat. Laura Fröhlich, Medizinphysikerin und Leiterin des Audiologischen Zentrums, aktuelle Entwicklungen in der Hör- und Gleichgewichtsforschung vor. Sie präsentierte neue wissenschaftliche Perspektiven, die insbesondere durch translationale Projekte und innovative diagnostische Verfahren vorangetrieben werden. So wird derzeit in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt an den Interaktionen zwischen Hörimplantaten und dem Gleichgewichtsorgan geforscht.
„Tradition und Innovation sind untrennbar miteinander verbunden“
Passend zum Anlass betonte Prof. Strieth die besondere Verantwortung eines so traditionsreichen Standorts: „140 Jahre universitäre Otologie in Bonn zeigen eindrucksvoll, welche immensen Fortschritte in dieser Zeit möglich wurden – auch dank zahlreicher Beiträge aus der Bonner Universitätsumgebung. Heute ist nahezu jede Form der Schwerhörigkeit behandelbar.“

Ein Festakt mit Begegnungen
Musikalisch begleitet von einem Streichertrio erhielt der Festakt einen besonders stimmungsvollen, audiophilen Rahmen. Beim anschließenden Empfang ergaben sich zahlreiche Gelegenheiten für Austausch und Vernetzung – mit Niedergelassenen, Ehemaligen der Klinik und vielen weiteren Gästen. Dabei ging es auch um aktuelle Herausforderungen und Chancen des heutigen HNO-Fachgebiets im Kontext einer sich wandelnden intersektoralen Versorgung.