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Dunkel Hell

EKFS fördert innovatives Gesundheitsprojekt zur Früherkennung der diabetischen Retinopathie (DR) in Indien, Bangladesch, Nigeria und Ghana

Das UKB-Projekt „Smartphone- und künstliche-Intelligenz-gestütztes Screening auf die durch Diabetes verursachte Netzhauterkrankung“ baut gemeinsam mit der Sankara Eye Foundation India, dem University of Calabar Teaching Hospital in Nigeria, der Organization for Rural Community Development in Bangladesch und der University of Cape Coast in Ghana eine leicht zugängliche DR-Vorsorge auf. Das Projekt ist kürzlich gestartet und läuft drei Jahre. Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung EFKS fördert diese zukunftsweisende digitale Gesundheitslösung mit 450.000 Euro.

In Südindien ist etwa jeder zehnte Mensch an Diabetes erkrankt. Die Betroffenen haben in Folge oft weitere gesundheitliche Einschränkungen, so leiden etwa 30 Prozent an einer so genannten diabetischen Retinopathie (DR). Diese Erkrankung der Netzhaut kann unentdeckt und damit unbehandelt zu Sehbehinderungen und im schlimmsten Fall zu Blindheit führen. Doch Menschen, die in Indien auf dem Land oder in ärmeren Vierteln der Städte leben, haben oft nicht die Möglichkeit, ausreichende ärztliche Versorgung in Anspruch zu nehmen. „Bei DR ist dies besonders problematisch, da die Erkrankung erst in einem späten Stadium Beschwerden verursacht. Holen sich Betroffene erst dann ärztlichen Rat, sind oft bereits bleibende Schäden entstanden“, sagt Privatdozent Dr. Wintergerst.

Ein Beispiel für eine E-Learning-Klasse auf Basis der Smartphone-gestützten Netzhautbildgebung an der Universität von Calabar in Nigeria; © University of Calabar Teaching Hospital, Nigeria & Universitätsklinikum Bonn

Daher hat der Facharzt der Augenklinik am UKB bereits 2018 eines der weltweit ersten etablierten telemedizinischen Smartphone-basierten Screenings diabetischer Retinopathie (DR) in Indien initiiert. Es ist kostengünstig und leicht umsetzbar. Um Bilder vom Augenhintergrund aufzunehmen, fokussiert der Adapter den Strahlengang der Kamera und Beleuchtungsquelle so, dass das Smartphone funktional zum Ophthalmoskop (Augenspiegel) wird. Zur Auswertung werden die Bilder von der Netzhaut anschließend mittels Internet den lokalen Augenärztinnen und -ärzten in Indien für die Befundung zugesendet. „Zwar ist die Bildqualität konventioneller Geräte der Smartphone-basierten Technik im Allgemeinen überlegen. Jedoch konnte in Studien nachgewiesen werden, dass sich die diabetische Retinopathie mit dem richtigen Smartphone Ansatz hinreichend gut erkennen lässt“, so Wintergerst.

Neben Indien in anderen Regionen der Welt die Versorgung verbessern

Das aktuelle Projekt zielt darauf ab, dieses smartphonegestützte Screening zur Früherkennung der durch Diabetes verursachte Netzhauterkrankung in Indien, Bangladesch, Nigeria und Ghana in der Region folgender Projektpartner einzuführen: Sankara Eye Foundation, Bangalore, Indien; Microsoft Research India, Bangalore, Indien Organization for Rural Community Development (ORCD), Narail, Bangladesch; University of Calabar (UNICAL) Teaching Hospital, Calabar, Nigeria; University of Cape Coast Ghana (UCC), Cape Coast, Ghana. Damit soll die Erkennungsrate dieser häufigen, bislang jedoch oft unentdeckten Komplikation von Diabetes mellitus erhöht und vermeidbare Erblindung verhindert werden. Zu diesem Zweck sind 572 mobile Screening-Camps geplant, in denen geschultes Gesundheitspersonal kostengünstige Smartphone-basierte Netzhautuntersuchungen durchführt. Der Ansatz wird durch Telemedizin, KI-gestützte Bildanalyse und eine wissenschaftliche Begleitung zur Bewertung der Skalierbarkeit, Nachhaltigkeit und Effizienz ergänzt.

Ein Betroffener, eine geschulte Person, ein Smartphone, ein Adapter und eine Linse

„Die Idee ist einfach: Geschulte Mitarbeitende fertigen mit einem Smartphone Fotos der Netzhaut der zu untersuchenden Person an; Fachleute beurteilen die Bilder aus der Ferne. So erreichen wir auch ländliche Regionen, entlasten Augenärztinnen und Augenärzte und senken Einstiegshürden, weil Smartphones günstig, verfügbar und leicht bedienbar sind“, sagt Wintergerst. Geplant sind regelmäßige Vorsorgeeinsätze in allen vier Ländern sowie der Ausbau lokaler Anlaufstellen, damit Menschen wohnortnah untersucht und bei Bedarf überwiesen werden können.

Dr. Pradeep Sagar (links) und Dr. Suchitra Biswal (Mitte) wurden von Dr. Wintergerst (rechts) in der standardisierten und systematischen Auswertung digitaler Netzhautbilder für das tele-ophthalmologische DR-Screening geschult; © Sankara Eye Foundation & Universitätsklinikum Bonn

„Begleitend entwickeln wir ein computergestütztes Verfahren, das in Smartphone-Videos frühe Krankheitszeichen der diabetischen Retino- und Makulopathie erkennt, und wollen es nach open-access Veröffentlichung in den Screening Ablauf einbinden“, sagt Wintergerst. Ein digitaler Beratungsassistent informiert Patientinnen und Patienten in verständlicher Sprache, hilft, Hindernisse auf dem Weg zur Weiterbehandlung zu erkennen. Auch ohne stabile Internetverbindung bleibt das System arbeitsfähig: Bilder können lokal gespeichert und später übertragen werden; Auswertungen sind für abgelegene Gebiete offline vorgesehen.

Die Forschenden wollen Wirkung und Nachhaltigkeit transparent messen: „Wir werden zeigen, dass mehr Menschen erreicht und rechtzeitig überwiesen werden“, sagt Wintergerst. Dazu schulen sie Teams nach dem „Teach-the-Teachers“-Prinzip und stellen standardisierte Abläufe bereit. Eine Gesundheitsökonomie-Analyse ist gepant, um aufzuzeigen, dass sich dieser Ansatz lohnt. „Das ist eine wichtige Grundlage, damit Gesundheitssysteme im Globalen Süden Projekte zum Smartphone-basierten diabetische Retinopathie Screening langfristig in die Regelversorgung übernehmen können“, konstatiert Wintergerst.

Bildunterschriften plus Copyright:

Telemedical_groli_Newsletter: Eine Patientin unterzieht sich einer mobilen, smartphone-basierten telemedizinischen DR-Untersuchung; © Sankara Eye Foundation & Universitätsklinikum Bonn

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