Haus des Kinderschutzes eröffnet
In Bonn wurde das Haus des Kinderschutzes eröffnet. Es bringt Medizin, Psychologie, Soziale Arbeit und Justiz unter einem Dach zusammen – zum Schutz der Kinder.
In dem Haus, das am Waldrand des Bonner Venusbergs liegt und Ende Mai feierlich eröffnet wurde, geht es um Kinder und Jugendliche, bei denen der Verdacht besteht, dass sie Gewalt erlebt haben. Es geht um sexuellen Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung. Um Kinder und Jugendliche, die Schutz brauchen.
Das Haus des Kinderschutzes am Universitätsklinikum Bonn (UKB) ist ein besonderer Ort. Nicht nur, weil es so aussieht wie ein normales Einfamilienhaus – mit Garten, Spielbereich und bunten Möbeln. Sondern weil es einen neuen, mutigen Weg geht: Fachkräfte aus Gesundheitswesen, Polizei Justiz und Jugendhilfe arbeiten hier Tür an Tür – für das eine Ziel, das alle eint: Kinder vor weiterer Gewalt zu schützen.
„Als Psychiaterin sind mir die psychischen Folgen von Kindesmissbrauch leider sehr vertraut“, sagt Prof. Alexandra Philipsen, kommissarische Ärztliche Direktorin des UKB. „Nur wenn alle relevanten Akteure eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, kann Kinderschutz gelingen. Genau dafür bietet dieses Haus jetzt die räumlichen und strukturellen Voraussetzungen.“
Getrennte Wege, gemeinsame Verantwortung
Im neuen Zentrum ist alles darauf ausgerichtet, belastende Situationen für Kinder zu vermeiden und sie aktiv zu beteiligen. Die Untersuchungsräume sind hell und freundlich. Es gibt einen Anhörungsraum mit Videotechnik – kindgerecht, aber gerichtsfest. Und: Für die beschuldigten Personen gibt es einen separaten Eingang. Jeder direkte Kontakt mit den betroffenen Kindern wird verhindert. Damit werden die Vorgaben der Strafprozessordnung erfüllt und das Ziel, die Verfahren im Sinne der Kinder zu verkürzen und mögliche wiederholte Befragungen zu vermeiden, erreicht.
Die Idee für das Haus stammt aus Skandinavien, wo sogenannte „Barnahus“-Modelle längst etabliert sind. In Deutschland ist der Bonner Ansatz noch die Ausnahme. Ermöglicht wurde das Projekt durch eine enge Kooperation: Das Land NRW fördert es, die Dr. Axe-Stiftung stellt das Haus mietfrei zur Verfügung, das UKB übernimmt die Trägerschaft.
Innenminister Herbert Reul nennt das Haus ein „unübersehbares Zeichen“: „Hier wird Kinderschutz nicht nur versprochen, sondern gemacht.“
Auch Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner zeigt sich bewegt: „Dieses Haus ist ein Meilenstein. Für unsere Stadt, für den Kinderschutz – und vor allem für die betroffenen Kinder.“
Zwischen Ermittlung und Vertrauen
Die Kinder kommen ins Haus, weil es einen konkreten Verdacht gibt. Hier werden sie ambulant medizinisch untersucht, psychologisch begleitet, sozialarbeiterisch beraten und bei Bedarf zu den Ereignissen befragt. Und das Wichtigste: mit Respekt und kindgerecht behandelt.
Dr. Bernd Scheiff, Präsident des Oberlandesgerichts Köln, betont: „Im Haus des Kinderschutzes geht die Stärkung der Wahrheitsfindung Hand in Hand mit dem Schutz kindlicher Zeuginnen und Zeugen – bei voller Wahrung der Rechte der beschuldigten Person.“
Rund 16.000 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern wurden 2023 in Deutschland registriert. Die Dunkelziffer ist wohl weitaus höher. Für viele Kinder bedeutet das auch: Befragungen, Gutachten, Konfrontationen. Das Haus des Kinderschutzes soll ihnen wenigstens eines geben: einen sicheren Rahmen.
Kein Einzelfall mehr
Das Haus soll nicht nur Anlaufstelle, sondern auch Leuchtturm sein. Für Bonn, die Region – und vielleicht auch für andere Bundesländer. Denn der Bedarf ist da, überall.
Für die Fachkräfte beginnt nun der Alltag im neuen Zentrum – mit offenen Ohren, geschultem Blick und einer klaren Haltung: Jedes Kind verdient Schutz. Und jemanden, der dafür einsteht.