Hoffnung auf Mobilität
So wie sich ein alter Dübel in einem Bohrloch lockern kann, so kann sich auch eine Hüftprothese lockern. Die Folge einer Lockerung kann ein ausgedehnter Knochendefekt des Beckenknochens sein, der mit den üblichen, standartmäßig verfügbaren Revisionsimplantaten nicht mehr optimal rekonstruierbar ist. Ein individualisierter „Beckenteilersatz“ ist in diesen Fälle eine Behandlungsoption um die Mobilität des Patienten zu erhalten. Am Endoprothetikzentrumder Maximalversorgung am UKB setzt das Team um Prof. Dieter C. Wirtz, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, diese individualisierten Implantate seit 2010 ein und verhilft dadurch Patienten zu wesentlich mehr Lebensqualität.
Von der Fertigung bis hin zur Implantation sind diese maßgeschneiderten Hüftprothesen eine Herausforderung. Prof. Wirtz erklärt: „Zunächst muss ein CT-Bild mit einer bestimmten Dicke angefertigt werden. Daraus wird dann ein dreidimensionales Beckenmodell erstellt. Das Implantat wird in dieses Modell hineingeplant. Hierdurch entsteht eine individualisierte Lösung. Anschließend wird es aus einem Titanwerkstoff im 3D-Drucker gefertigt.“ Die Crux dabei sei, dass während der Operation die zur Verankerung notwendigen Schrauben exakt in einer bestimmten Position eingebracht werden müssen. Aber nicht nur die Planung und Produktion sind aufwändig. Auch die Sterilisation des Implantats bedarf eines besonderen Verfahrens. All das erklärt die hohen Kosten von über 12.000 Euro nur für diese individualisierten Hüftpfannen.
Am UKB werden jährlich 250 Hüftprothesenwechsel durchgeführt, darunter mindestens 25 OPs, bei denen ein maßgeschneidertes Implantat zum Einsatz kommt. Die Indikation dafür ist ein ausgeprägter Knochendefekt mit nur wenig stabiler Knochensubstanz, die es nicht mehr erlaubt, ein Standardrevisionsimplantat einzusetzen. Dies kann der Fall sein, wenn sich die alte Hüftpfanne gelockert hat. Aktuell werden diese Eingriffe noch „klassisch“ durchgeführt. D. h. der Chirurg orientiert sich intraoperativ an den vorhandenen Strukturen. In Zukunft könnten aber sogenannte 3D-Navigationstechnologien die Operateurin oder den Operateur unterstützen. Bei der Navigation nutzt die Operateurin oder der Operateur eine spezielle Computertechnik. Das Vorgehen ist mit der Navigation im Auto vergleichbar: Es wird das Ziel eingegeben (im OP: die Position der Prothese). Die Navigation berechnet dann anhand der individuellen Verhältnisse des Patienten die optimale Lage der Prothese. So kann die Operateurin oder der Operateur operieren, aber jederzeit nach ihrer bzw. seiner Erfahrung vom von der Navigationstechnik vorgeschlagenen Plan abweichen.
Wie geht es nach der Operation weiter? Und wie sieht das Ergebnis aus? „Die klinische Funktion hängt nicht nur von dem optimal positionierten Implantat ab, sondern im Wesentlichen auch davon , wie stark die Muskulatur durch Voroperationen bereits beschädigt ist. Es gibt viele individuelle Parameter, die letztlich über ein gutes Ergebnis nach der OP entscheiden“, erläutert Dr. Frank Fröschen,Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. In Abhängigkeit der Ausgangssituation können auch die Zielsetzungen individuell sein. Einige Patienten profitieren schon sehr davon, wenn sie sich im eigenen häuslichen Umfeld selbstständig mobilisieren können. Andere können wieder einkaufen gehen und verspüren im alltäglichen Leben wenig Einschränkungen.