Wissenschaftlicher Beitrag des UKB als einer der „Best Abstracts“ beim 6th European CAR T-cell Meeting in Valencia vorgestellt
Chimeric antigen receptor (CAR) T-Zell-Therapien stellen eine moderne und innovative Möglichkeit zur Krebsbehandlung dar, die bereits bei verschiedenen Formen von Blutkrebs in der leitliniengerechten Behandlung eingesetzt werden. Auch bei soliden Tumoren zeigen zelluläre Immuntherapien erste Therapieerfolge in frühen Studien. Wie sich diese Therapien allerdings bei Patient*innen mit Hirnmetastasen auswirken, ist bisher noch weitgehend unerforscht. Der Fallbericht über eine junge Patientin mit Melanom, die bei Hirnmetastasen mit einer T-Zell-Rezeptor (TCR)-basierten T-Zell-Therapie am Zentrum für Zelltherapie und Stammzelltransplantation (ZZSB) des Universitätsklinikums Bonn (UKB) behandelt wurde, zeigt nun vielversprechende Ergebnisse. Der Abstract über diesen Fallbericht am UKB wurde kürzlich von Dr. Friederike Schmitz als einer der „Best Abstracts“ beim sechsten europäischen CAR T-Zell Meeting in Valencia vorgestellt. Demnach war die Gabe eines TCR-T-Zell-Präparats bei dieser Patientin mit ausgedehnter Hirnmetastasierung in Kombination mit mitogen-activated protein kinase (MAPK)-Inhibitoren klinisch machbar und möglicherweise wirksam.
Die T-Zell-Therapie ist eine zelluläre Immuntherapie bei Krebs, bei welcher die körpereigene Immunabwehr eingesetzt wird. Dafür werden weiße Blutkörperchen im Labor genetisch so verändert, dass sie Krebszellen zielgerichtet erkennen und vernichten können. Diese Therapie ist bereits bei verschiedenen Formen von Blutkrebs zugelassen und wird auch am ZZSB der Medizinischen Klinik III des UKB erfolgreich eingesetzt. Bei Patient*innen mit soliden Tumoren ist eine Behandlung mit einer T-Zell-Therapie in Studien möglich. Weitgehend unerforscht ist bisher jedoch der Einsatz bei Patient*innen mit fortgeschrittenen Metastasen des zentralnervösen Nervensystems (ZNS). Insbesondere aufgrund einer möglicherweise erhöhten Toxizität werden diese Patient*innen häufig von Studien ausgeschlossen.
In ihrem Abstract stellen die Forschenden den Fallbericht einer 31-jährigen Patientin mit fortgeschrittenem Melanom und aktiven ZNS-Metastasen vor. Die Patientin sollte ursprünglich innerhalb der am UKB rekrutierenden Phase-1-Studie zur Behandlung solider Tumore mit TCR-T-Zellen (IMA203-Studie) behandelt werden, musste jedoch wegen der fortschreitenden Entwicklung ihrer Hirnmetastasen von der Studie ausgeschlossen werden. Da es für diese junge Patientin keine therapeutischen Alternativen mehr gab, entschied sich das Behandlerteam dazu, einen individuellen Heilversuch mit dem Zellpräparat durchzuführen.
Ein erster Fallbericht über diese Therapie am UKB zeigt vielversprechende Ergebnisse. „Wir konnten mit einer TCR-T-Zell-Therapie bei einer Patientin mit fortgeschrittenem Melanom und ausgedehnten Hirnmetastasen erste Therapieerfolge erzielen“, sagt Dr. Friederike Schmitz, Assistenzärztin in der Abteilung für Hämatologie, Onkologie, Stammzelltransplantation, Immun- und Zelltherapie, Klinische Immunologie und Rheumatologie des UKB. Um das Risiko von schweren Nebenwirkungen zu reduzieren, wurde die bestehende medikamentöse Melanom-Therapie mit MAPK-Inhibitoren während der für die TCR-T-Zell-Therapie erforderlichen lymphodepletierenden Chemotherapie ebenfalls pausiert. Darunter kam es zunächst zu einer Größenzunahme der Hirnmetastasen, sodass die MAPK-Inhibition wieder eingeleitet wurde. „Im weiteren Verlauf konnten wir erfreulicherweise eine deutliche Größenabnahme der Metastasen feststellen“, beschreibt Dr. Tobias Holderried, Oberarzt und Leiter des ZZSB, sowie principial investigator der IMA203-Studie an der Medizinischen Klinik und Poliklinik III des UKB. „An Tag 43 ließ sich sogar eine signifikante Reduktion der Tumorlast erkennen. Dieser Effekt hielt auch noch nach drei Monaten an. Erst ab Tag 134 nahmen die Hirnmetastasen wieder an Größe zu.“
Dieser Fallbericht stellt somit den ersten Nachweis darüber dar, dass die Gabe eines TCR-T-Zell-Präparats bei fortgeschrittener Melanomerkrankung mit ausgedehnter Hirnmetastasierung in Kombination mit MAPK-Inhibitoren klinisch machbar und möglicherweise wirksam ist. „Da die MAPK-Inhibitor-Gabe zwischenzeitlich pausiert war, ist allerdings noch unklar, ob das vorübergehende Therapieansprechen auf die TCR-T-Zellen die Wiederaufnahme der MAPK-Inhibitoren oder die Kombination aus beidem zurückgeht“, erklärt Dr. Schmitz. „Wir hoffen, dass wir weitere Erkenntnisse durch die Behandlung von Patient*innen mit soliden Tumoren und TCR-T-Zellen in der großen noch rekrutierenden IMA203-Studie am UKB gewinnen können.“